
Handwerk trifft Politik: Frühschoppen im Zeichen von Bürokratie, Fachkräftemangel und Zukunftsfragen
Erlangen | Bürokratie, Fachkräftemangel, Parkplatzchaos in der Erlanger Innenstadt: Diese Themen haben den Erlanger Handwerker-Frühschoppen 2025 geprägt. Von der zahlreich angereisten Politprominenz hat die Kreishandwerkerschaft Antworten auf ihre Fragen eingefordert – und bekommen. Der konstruktive Dialog macht ebenso Hoffnung wie die diesjährige Auszeichnung zum „Handwerker des Jahres“: Andreas Dörfler vom Geigenbaubetrieb Dörfler Bows aus Bubenreuth, zeigt, wie viel Ausbildung, angenehmes Betriebsklima und solide Handwerksarbeit bewirken können.
Im Frühjahr 2026 ist OB-Wahl – deshalb stand der Handwerker-Frühschoppen der KHS Erlangen-Hersbruck-Lauf im Zeichen der Kommunalpolitik. Alle vier Kandidatinnen und Kandidaten für das Amt des Erlanger Oberbürgermeisters sind der Einladung der KHS gefolgt.
Gerade in diesen turbulenten Zeiten wünscht die Handwerkerschaft Antworten auf ihre Fragen: Was wollen Sie für die Entbürokratisierung tun? Wie wollen Sie das Parkplatzproblem in der Erlanger Innenstadt in den Griff bekommen? Wie können sich die Erlanger Schulen noch besser mit Betrieben vernetzen?
KHS-Geschäftsführer Wolfgang Mevenkamp und Kreishandwerksmeister Markus Protze baten ihre Gäste Florian Janik (SPD), Jörg Volleth (CSU), Eva Linhart (Grüne) und Holger Schulze (FDP), jeweils einen Umschlag mit einer Frage zu ziehen und spontan und kurz darauf zu antworten. Alle Vier trugen ihre Ideen und Vorschläge vor: Mehr Digitalisierung, Genehmigungsverfahren verschlanken, Trennung von Kämmerei und Wirtschaftsreferat – so lauteten einige Stichwörter.
„Es freut uns, dass alle OB-Kandidatinnen und -Kandidaten die Herausforderung angenommen und unsere Fragen prägnant und nicht ausufernd beantwortet haben“, sagt Wolfgang Mevenkamp.
Stromsteuer belastet vor allem die Kleinen
Denn genau darum geht es beim Handwerker-Frühschoppen: um konstruktive Gespräche und „Austausch auf Augenhöhe“, wie Markus Protze in seiner Begrüßung sagte. Zu den aktuellen Herausforderungen gehört neben der überbordenden Bürokratie etwa auch die Stromsteuer, die insbesondere kleine und mittelgroße Betriebe über Gebühr belastet. „Zusagen werden nicht eingehalten“, mahnte Markus Protze an. „Das ist ein Déjà-Vu aus Zeiten der Ampelregierung.“ Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) habe in einem Brief an den Bundeskanzler gleiche Spielregeln für alle Unternehmen eingefordert.
Die informellen, zwanglosen Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern machen den Handwerker-Frühschoppen zu einem der wichtigsten Termine des Jahres für die KHS Erlangen-Hersbruck-Lauf. „Ich finde den Austausch mit den Kollegen toll“, sagt Thomas Pirner, Präsident der Handwerkskammer (HWK) für Mittelfranken und CSU-Abgeordneter im Bayerischen Landtag. Für ihn sei der Handwerker-Frühschoppen in Erlangen ein „Pflichttermin“.
Ein Thema, das immer wieder aufschlage, sei die überbordende Bürokratie, sagt der HWK-Präsident: „Wir müssen hier zu Lösungen kommen und die Belastungen reduzieren. Der Unternehmerschaft sollte wieder mehr Verantwortung übertragen werden. Der Staat muss nicht alles regeln.“
Er sei in engem Austausch mit Walter Nussel, dem Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Bürokratieabbau. Als Erfolgsbeispiel nennt Thomas Pirner das „Vierte Modernisierungsgesetz Bayern“, das eine spürbare Deregulierung im Baubereich bewirken soll.
Bürokratieabbau: Viele kleine Schritte
Erstmals in diesem Jahr ist Konrad Körner (CSU) zum Frühschoppen gekommen. Im Februar 2025 wurde er für den Wahlkreis Erlangen in den Bundestag gewählt. „Es ist mir wichtig, Feedback zu bekommen“, sagt er. „Und zu erfahren, wie das, was wir in Berlin beschließen, bei den Menschen hier vor Ort ankommt.“
Eine kleine Erleichterung für Bäcker und Fleischer sei beispielsweise die Abschaffung der Bonpflicht, sagt der Abgeordnete. „Beim Thema Datenschutz sollten wir mehr vereinheitlichen und bündeln.“ Viel Verwirrung entstehe etwa dadurch, dass es EU-Datenschutzrichtlinien gebe, die im Bund koordiniert und in den Ländern umgesetzt werden müssten. Als weitere Herausforderungen im Kampf gegen Bürokratie nennt Konrad Körner die Vereinheitlichung von Formularen und die digitale Antragstellung.
Innenminister Herrmann: Mittelstand darf nicht zu sehr belastet werden
Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ist wieder zum Frühschoppen in seine Heimatstadt gereist. „Der Kontakt zur Handwerkerschaft ist mir wichtig“, sagt der Minister. Aus den Gesprächen habe er viel mitgenommen: „Der Kreishandwerksmeister hat zu Recht Fragen zu Stromsteuer angesprochen. Wir müssen schauen, dass der Mittelstand nicht unter den Weichenstellungen aus Berlin zu leiden hat, und wir müssen die Interessen der kleineren Unternehmen stärker mit einfließen lassen.“
Solide Ausbildung und gutes Betriebsklima helfen gegen Fachkräftemangel
Ein weiteres Thema, das Kopfzerbrechen bereitet, ist der Fachkräftemangel. Wesentliche Bausteine, um ihn zu überwinden, sind eine solide Ausbildung und ein angenehmes Betriebsklima. Für beides steht die Bubenreuther Spezialwerkstätte für Streichbogen Dörfler Bows. Deshalb ist Geschäftsführer Andreas Dörfler von der VR-Teilhaberbank als „Handwerker des Jahres“ geehrt worden. Traditionell wird die Auszeichnung beim Handwerker-Frühschoppen vergeben.
„Ich bin überrascht und es freut mich sehr“, sagt Andreas Dörfler, der den Handwerksbetrieb mit 25 Mitarbeitenden in vierter Generation führt. Ihm sei es enorm wichtig, dass sich seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wohlfühlen, betont er: „Sie sind unser höchstes Gut, ohne sie läuft nichts. In unserem Handwerk kann man nicht alles mit der Maschine machen.“
Schon sein Vater und sein Onkel hätten regelmäßig gemeinsam mit dem Team gegessen, erzählt Andreas Dörfler – daran knüpfe er an. Und: „Wir sind sehr flexibel, was die Arbeitszeiten oder kurzfristigen Urlaub angeht.“
Die Nachfrage nach hochwertigen Streichinstrumenten sei nach wie vor sehr gut, sagt der Geschäftsführer. Zwar sorge die weltpolitische Lage derzeit für eine gewisse Unsicherheit, was Zölle und Holzlieferungen angehe, aber: „Gerade die Konkurrenz mit China zeigt, dass solide und ehrliche Handwerksarbeit immer noch etwas wert ist.“
Quelle: KHS | Kreishandwerkerschaft Erlangen-Hersbruck-Lauf
Video/Bilder: Kai Stürmer
Text: Kauri Spirit