Hautpilz in Barbershops: Friseur-Innung fordert strengere Kontrollen
Erlangen | Ein unangenehmer Hautpilz breitet sich aus, vor allem bei jungen Männern. Offenbar ist mangelnde Hygiene in sogenannten Barbershops die Ursache. Die Friseur-Innung Erlangen fordert bessere Kontrollen und eine restriktivere Vergabe von Ausnahmebewilligungen im Friseurhandwerk. Wir hoffen, dass das große Medienecho zu dem Thema ein Umdenken bei den zuständigen Behörden bewirkt.
Es juckt, es schuppt, es bilden sich rötliche Flecken, in schlimmen Fällen treten sogar eitrige Abszesse und Haarausfall auf: Der schmerzhafte Hautpilz Trichophyton tonsurans breitet sich auf den Köpfen junger Männer aus. Seit April dieses Jahres werden immer mehr derartige Fälle in Erlangen und anderswo bekannt. Das örtliche Gesundheitsamt hat sich eingeschaltet. Experten sprechen inzwischen von einer „europaweiten Epidemie“.
Was die Ursache angeht, sind sich Ärzte einig: Die Infektion mit dem Hautpilz geht auf Besuche in sogenannten Barbershops zurück. Seit einigen Jahren werden in deutschen Städten immer mehr solcher Betriebe eröffnet, in denen meist für wenig Geld Haare geschnitten oder rasiert und Bärte getrimmt werden. Die Kundschaft der Barbershops ist überwiegend jung, männlich und bevorzugt Trendfrisuren wie Undercut, Low Fade oder High Fade.
Durchschnittlich etwa zwei neue Patienten mit Trichophyton tonsurans registriere man derzeit pro Woche, berichtete Prof. Dr. Carola Berking, Direktorin der Hautklinik am Uniklinikum Erlangen, kürzlich im ARD-Mittagsmagazin: „Meistens sind es Männer, jung oder alt, die vielleicht vor einer Woche im Barbershop waren und sich die Haare haben frisieren lassen. Das ist die typische Klientel.“ Da der Pilz durch Hautkontakt übertragen werden könne, seien immer häufiger auch Angehörige der Barbershop-Kunden betroffen.
Manche Barbershops werden nur auf dem Papier von einem Friseurmeister geführt
Die Friseur-Innung Erlangen blickt schon lange kritisch auf die sogenannten Barbershops: In vielen wird gut gearbeitet, doch manche dieser Betriebe werden faktisch nicht – oder nur auf dem Papier – von einem Friseurmeister oder einer Friseurmeisterin geführt. In einigen Barbershops wird ein Großteil der Arbeit von ungelerntem Personal erledigt.
„In einem Fall war die Betriebsleiterin mit Meisterbrief eine über 80 Jahre alte Pflegeheimbewohnerin“, berichtet Judith Warmuth, Obermeisterin der Erlanger Friseur-Innung. „In einem anderen Fall war ein Friseurmeister in drei oder vier Barbershops gleichzeitig als Inhaber eingetragen.“ Der Landesinnungsverband Friseure & Kosmetiker Bayern fordern schon seit langem, dass die Behörden genauer hinsehen und bei offensichtlichen Tricksereien härter durchgreifen sollten.
Denn die häufigen Infektionen mit dem Trichophyton tonsurans zeigen nun den wahren Preis der Billigkonkurrenz im Friseurgewerbe: Mediziner sind sich einig, dass mangelnde Hygiene in einzelnen Barbershops zur Ausbreitung der Pilzinfektion geführt hat.
Hygiene hat ihren Preis
Judith Warmuth betont, dass der Erlanger Barbershop, in dem sich Anfang April 2024 ein junger Mann mit dem Hautpilz ansteckte, kein Innungsmitglied ist. Sich die Haare beim Innungsfriseur schneiden zu lassen, hat zwar seinen Preis – dafür werde dort penibel auf Hygiene geachtet, sagt die Obermeisterin: „Natürlich gibt es keine hundertprozentige Sicherheit, dass beim Friseurbesuch nichts übertragen wird. Aber beim Innungsfriseur ist immer ein Meister oder eine Meisterin mit hygienischen Fachkenntnissen vor Ort. Die Hygienepläne werden regelmäßig upgedatet. Damit wird ein Infektionsrisiko stark minimiert.“
Zur Hygiene gehöre es beispielsweise, Scheren, Rasiermesser und andere Werkzeuge mit einem Spezialmittel (kein Sagrotan aus der Drogerie!) gründlich zu desinfizieren und nach jedem Haarschnitt Arbeitsflächen, Stühle und Böden gründlich zu reinigen – also all die Arbeiten durchzuführen, für die in Billigbetrieben oft die Zeit oder das Fachwissen fehlt.
Bereits kurz nach Bekanntwerden der ersten Hautpilzerkrankungen nach Barbershop-Besuchen in Erlangen im April 2024 hatten wir als Kreishandwerkerschaft (KHS) Erlangen-Hersbruck-Lauf auf unseren Social-Media-Kanälen darüber berichtet. In der Folge griff zunächst die regionale Presse das Thema auf, im Frühsommer wurden zahlreiche überregionale Medien auf die Ausbreitung des Pilzes aufmerksam.
Judith Warmuth hat inzwischen der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dem SPIEGEL und dem Bayerischen Rundfunk Interviews gegeben. Ende Juli sendete das ARD-Mittagsmagazin zu dem Thema einen Beitrag, in dem die Obermeisterin der Friseur-Innung Erlangen zu Wort kam.
Lasche Kontrollen auf Kosten der Gesundheit meist junger Menschen
„Wir hoffen, dass durch die breite mediale Aufmerksamkeit nun ein Umdenken bei den Aufsichtsbehörden einsetzt“, sagt Wolfgang Mevenkamp, Geschäftsführer der KHS. „Denn aus unserer Sicht werden die Eintragung von Barbershops ins Handelsregister und entsprechende Kontrollen immer noch viel zu lasch gehandhabt. Dass dies zum Teil auf Kosten der Gesundheit meist junger Menschen geht, die sich zu niedrigen Preisen die Haare schneiden lassen wollen, ist nicht hinnehmbar.“
Neben genaueren Kontrollen solle man auch an der Wurzel des Problems ansetzen, ergänzt Judith Warmuth: „Die Handwerksordnung gehört strenger ausgelegt. Es braucht höhere Anforderungen an eine Ausnahmebewilligung im Friseurhandwerk. Schließlich ist es ein Beruf, in dem an Menschen gearbeitet wird und diese auch zu Schaden kommen können. Das Friseurhandwerk hat zu Unrecht 2003 bei der Handwerksnovelle seinen Status als Gesundheitshandwerk verloren.“
Um unangenehme Überraschungen beim Haareschneiden zu vermeiden, sollte man sich den Betrieb genau ansehen, sagt die Obermeisterin: „Einen guten Friseursalon oder Barbershop erkennt man an der Gepflegtheit und Sauberkeit.“ Der Landesinnungsverband Friseure & Kosmetiker Bayern gibt weitere Tipps für einen sicheren Friseurbesuch.
Quelle: KHS | Kreishandwerkerschaft Erlangen-Hersbruck-Lauf
Video/Bilder: Kauri Spirit
Text: Kauri Spirit